~ Von Rainer Kaune ~
Einige bewundernde Aussagen über ihn
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832): „[...] wo er einen Spaß macht, liegt ein Problem verborgen.“
August Graf von Platen (1796 – 1835): „Alles wird anziehend unter Lichtenbergs Feder.“
Friedrich Hebbel (1813 – 1863): „Welch ein herrlicher Kopf [...]!“
Kurt Tucholsky (1890 – 1935): „[...] er ist etwas ganz Einzigartiges. Morgenstern plus Hebbels Tagebüchern, plus französischer Klarheit, plus englischer Groteske, plus deutschem Herzen [...]“
Benno von Wiese (1903 – 1987) : „[...] ein witziger Aphorist mit unerschöpflichen Einfällen und zugleich ein großer Seelenkenner [...]“
Ein Stenogramm
Herkunft: siebzehntes und letztes Kind des Pfarrers von Ober-Ramstadt bei Darmstadt
Hervorstechende Persönlichkeitsmerkmale: höchste Denkkraft, fühlendes Herz, blendende Sprache, armseliger Körper
Beruf: Hochschullehrer für Mathematik und Experimentalphysik in Göttingen
Gebliebene Hauptleistung: funkelnde Aphorismen
Lebensspanne: 1. Juli 1742 bis 24. Februar 1799
Leben, Leiden und Lieben
Klein und bucklig und krankheitsanfällig sein Körper, doch von überragender Größe und ohne jede Schiefheit sein viel bewunderter Geist. Auch als Göttinger Professor fiel Georg Christoph Lichtenberg auf, denn er besaß die glänzend Gabe, Wissenschaft so vermitteln zu können, dass kaum jemand gähnte.
Der kleinwüchsige Professor verstand es zudem, literarisch zu schreiben. Die vielen Aufsätze, die er hinausgehen ließ, zeugten von Einfallsreichtum, Originalität und höherem Witz.
Da Lichtenberg höflich, charmant, erheiternd und geistvoll war, gewann er fast immer die Herzen der Menschen. König Georg III., sein britisch-hannoverscher Landesherr, war so von ihm angetan, dass es zeitweilig privat mit ihm umging. Und Johann Gottfried Herder nannte ihn „eine schöne, allerfreuliche Seele“.
Seine körperliche Unansehnlichkeit nahm Lichtenberg den Mut, um eine standesgemäße Frau zu werben. Liebelei und Liebe, beides suchte und fand er bei einfachen Mädchen. Ein zeitgenössisches Druckwerk über die Amouren des verwachsenen Professors: „Man hat viel von seiner Liebe zum schönen Geschlechte gesagt!“ Im Alter von 47 Jahren - als er sich schwerkrank dem Tode nahe fühlt - hielt er es für angebracht, seine Haushälterin zu heiraten, die bereits Kinder von ihm hatte.
Noch zehn Lebensjahre folgten. Schwere Jahre. Oft quälte Ehestreit, immer quälte der krankheitsgeschüttelte Körper. Ob der Tod mit Hoffnung zu verbinden war? Der als Pfarrerskind Aufgewachsene - der nun zur Créme de la Cremé der Aufklärungsdenker gehörte - wusste es nicht. Er hatte nach eigenen Worten „nie [...] eine Ehre darin gesucht, ein Freigeist zu sein, aber auch keine darin, alles ohne Ausnahme zu glauben“.
Am 24. Februar 1799 starb Hofrat Professor Georg Christoph Lichtenberg in seiner Göttinger Mietwohnung an einer „Brust-Entzündung mit Seitenstechen und Blutauswurf“.
Nachleben
Die wissenschaftlichen und schöngeistigen Schriften, die Lichtenberg selbst veröffentlicht hatte, gerieten fast ganz aus dem Blickfeld der Nachwelt.
Für bleibenden Ruhm hingegen sorgte eine unerwartete Entdeckung, die im Nachlass gemacht wurde. Genauer: Es fanden sich private Aufzeichnungskladden, in denen – so eine Formulierung ihres Autors - „[...] eine Menge kleiner Gedanken und Entwürfe [...]“ festgehalten waren. Grandios Inhalt und Sprache. Souveränes Denken auf jeder Seite. Skepsis und Wahrheitsliebe allgegenwärtig. - Daher: Ein faszinierendes Gefunkel sprühte aus den Blättern heraus.
Einige Namen, die Lichtenberg den Kladden gegeben hatte: „Merkbücher“; „Gedankenbücher“; „Sudelbücher“.
Und diese Bücher, sie begeisterten früher, sie begeistern heute, sie werden weiter begeistern.
Unstrittig gilt: Der größte Aphoristiker Deutschlands heißt Georg Christoph Lichtenberg.