Es findet sich zuerst die für einen Nervenmenschen bezeichnende Erscheinung äußerster Zusammengesetztheit: warmes Blut, kühler Wille, jähe Laune, zähes Zielhalten, explosive Kraftäußerungen, neurasthenische Zusammenbrüche, heiße Ruhmsucht, kalte Menschenverachtung, stürmische Genusssucht, besonnene Asketik; es liegt also ein Charakter von irisierendem Erscheinungswechsel vor.
Hermann LönsDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 26. September 1914) Zur Autorenbiographie
nun, das ist nur natürlich. Meistens sucht man sich die Leute als Beispiel, Inspiration und Vorbild, denen man entweder ähnlich ist oder gerne ähnlich wäre. Was Löns angeht ... ich bin da eher skeptisch. Leute, die andere dazu missbrauchen, um Dinge über sich selbst zu schreiben und im Prinzip genau auf dieses "ach, das könnte man auch über diesen waaaahhhhnnnsinnig tollen Schreiberling sagen" setzen, finde ich ein wenig ... misstrauenserweckend. Solche Menschen haben einfach niemanden, der ihnen reflektiert, was sie wirklich sind und müssen sich daher eine alternative Wirklichkeit in einem längst verklärten Bild suchen, damit sie die tollen Formulierungen über sich selbst los werden können.
Du meinst, weil Löns damit eine beliebige Eigenschaft eines großen Feldherren nimmt, in der er mit ihm übereinstimmt, um so indirekt auch andere Eigenschaften dieses Feldherren auf sich zu übertragen? (1) So nach dem Motto:
You know how Einstein got bad grades as a kid? Well, mine are even worse!
Oder eher, weil er einfach jemand anderen in positiver Weise charakterisiert, um damit diese Eigenschaften an sich selbst zu rechtfertigen? (2)
Oder ganz einfach, weil er andere, sich ähnliche Menschen charakterisiert, weil es verpönt ist, über sich selber in allzu großen Worten zu schreiben? (3)
Alles drei ist jetzt wohl nicht übermäßig edel. Aber ich schätze, das macht jeder ein bisschen, wenn er sich mit einem armen, ausgestoßenen Oliver Twist, einem von der Familie völlig verkannten Harry Potter, einer bisher völlig durchschnittlichen Bella Swan, etc identifiziert.
Automatisch sagt man sich "Wenn sie so missachtet wurden, wie ich missachtet werde, dann kann ich auch so werden wie sie sind!" (1) oder "Wenn Harry Potter seine Fähigkeiten missbraucht, gegen Regeln verstößt oder gegenüber seinen Freunden ausflippt, dann ist das vielleicht ganz okay" (2) oder "Dass Bella blasse Haut hat macht sie besonders" (3)
Ich weiß nicht, ob Herman Löns diese Intentionen hatte, als er das schrieb.
Aber selbst wenn - dann ist das ein Verhalten, das er wohl mit den meisten Menschen teilt.
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Hope is the biggest lie there is, and it is the best.
We have to keep going as if it all mattered, or else we wouldn't keep going at all.
Allie Keys in "Taken"
Wenn Literaten schreiben, dann ist dabei fast immer ihr eigenes Ich zugegen.
Sehr zutreffend das Friedrich-Hebbel-Wort: "Niemand schreibt, der nicht seine Selbstbiografie schriebe, und dann am besten, wenn er am wenigsten darum weiß."
Miramaus lässt grüßen *lach*
Aber mal im Ernst ... gibt es igrendjemanden, der sich darüber wundert? Man kann nichts schaffen, ohne sich selbst mit hinein zu geben, sonst ist es nicht mehr als ein billiger Abklatsch, seelenlosse Zitate von igrendwelchen Leuten, die schon lange nichts mehr sagen. Natürlich ist jedes Werk auch ein Selbstportrait.
....... ich find nur Löns Art irgendwie suspekt *grien* Und ich gebe zu bedenken, dass ich nie gesagt habe, dass ich das nicht auch mache. ;-P
Du bist hart mit deinen Worten.
Erst werden Leute "missbraucht", damit man etwas über sich selbst schreiben kann, weil niemand sich mit ihnen befasst, jetzt sind Sachen ein "billiger Abklatsch", wenn man sich nicht hineinprojiziert...
Ich denke, es ist legetim, wenn man durch da Schreiben über andere auch sein eigenes Selbstbild ausbaut.
Und ich denke, dass man sogar dann schreiben kann, wenn man sich nicht projiziert.
Ich weiß, dass auch du schon Geschichten geschrieben hast, in denen du eine Hauptperson ersonnen hast, die mit dir möglichst wenig Ähnlichkeiten hat (Andrew) - da gibt es nicht viel, was du an Selbstportrait, an persönlichen Gedanken, Eigenschaften und Handlungsweisen reinstecken kannst. Dazu ist ein bisschen Phantasie und Empathie gefragt.
Ich stimme deshalb für ein wenig weniger extrem.
Jeder kann und darf Schreiben, wie es ihm am Nähesten liegt - auch ohne, dass sie nur "[tolle] Formulierungen über sich selbst" los werden wollen oder gleich Seelenloses schreiben.
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Allie Keys in "Taken"
Andrew?! Mir ähnlich?! Spatz, ich beiß dich gleich! Ausgerechnet er .. na ja, gut Harvey wär schlimmer *kicher* Aber Andrew ... ?! Da gibts doch einige, die mir ähnlicher sind. *lach*
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Allie Keys in "Taken"
........ ups ........ wer lesen kann ist klar im Vorteil, huh? ;-P
Aber auch da passt Andrew nicht ... der Knilch entwickelt sich nach und nach und daher wären auch da andere Personen (Harvey ) besser geeignet gewesen ;-P
Also wäre es eventuell möglich, zu schreiben, ohne sich selbst in die Geschichte reinzustecken?
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Allie Keys in "Taken"
Nope! Denn sowohl der anfängliche Andrew als auch Harvey sind aus einem Teil von mir entstanden. Wenn auch nicht der, der Ähnlichkeiten feststellt, dann doch den, der mir selbst zuwieder ist, also sozusagen der "Anticharakter", wenn man so will. Und das sagt ja wieder eine Menge über den Autoren selbst aus *grien*
Hm. Das heißt im Gegenzug, dass gewisse Charaktere nicht von jedem ersonnen werden können, oder?
Denn wenn sich jeder absolut jeden Charakter ausdenken kann, dann kann man daraus keinen Rückschluss auf den Schreiber ziehen.
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Allie Keys in "Taken"
nun, ich würd sagen, man kann ne ganze Menge, aber eine bestimmte Art von Charas liegen einem nun mal näher als andere. Bei meiner süßen mira ist das genau so. Nur durchs Lesen merkt man ganz deutlich, welche Charas mir leicht fallen und bei welchen ich mich nur sehr schwer einfühlen kann. So sehe ich das zumindest, möglicherweise - unwahrscheinlich, aber möglich - bin ich auch nur wieder unnötig streng zu mir ^^
Du kannst dir also (wenn auch schwierig) jede Person ausdenken. Und ich gehe mal davon aus, das kann auch jeder andere Schriftsteller.
Dein Harvey ist somit auch der potentielle Harvey von zwanzig anderen Schriftstellern. Obwohl die Schriftsteller selbst ja wohl kaum deinen Charakter haben.
Trotzdem sagst du, aus deinem Harvey kann man Rückschlüsse auf genau deinen Charakter ziehen. Wie man auch Rückschlüsse auf die Charaktere der zwanzig anderen Schriftsteller ziehen können müsste.
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Allie Keys in "Taken"
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Es findet sich zuerst die für einen Nervenmenschen bezeichnende Erscheinung äußerster Zusammengesetztheit: warmes Blut, kühler Wille, jähe Laune, zähes Zielhalten, explosive Kraftäußerungen, neurasthenische Zusammenbrüche, heiße Ruhmsucht, kalte Menschenverachtung, stürmische Genusssucht, besonnene Asketik; es liegt also ein Charakter von irisierendem Erscheinungswechsel vor.
Hermann LönsDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 26. September 1914) Zur Autorenbiographie
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Mein Wappen ist nicht adelig, mein Leben nicht untadelig, und was da wert sei mein Gedicht, fürwahr, das weiß ich selber nicht.
Eduard MörikeDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 4. Juni 1875) Zur Autorenbiographie
Eines Tages wird die Erde weinen, sie wird um ihr Leben flehen, sie wird Tränen von Blut weinen. Ihr werdet die Wahl haben, ihr zu helfen oder sie sterben zu lassen, und wenn sie stirbt, sterbt ihr auch.
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Hart und rauh war er und so weich und zart dabei, mit weiten Augen das Fernste suchend und das Außermenschliche erspähend, und mit stillen Blicken das Kleine betrachtend und das Allzumenschliche beachtend.
Hermann LönsDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 26. September 1914) Zur Autorenbiographie
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Ein Reitanfänger lässt das Pferd tun, was es möchte. Ein schlechter Reiter zwingt das Pferd zu tun was der Reiter will. Ein guter Reiter erklärt dem Pferd, dass das, was der Reiter will, genau das ist, was das Pferd gerade tun möchte.
Durch den Glauben selig werden heißt nichts als die alte Wahrheit, dass nur das Herz, nicht das Wissen, glücklich machen kann.
Friedrich NietzscheDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 25. August 1900) Zur Autorenbiographie
Von Kindheit an suchte ich die Einsamkeit und fand mich da am wohlsten, wo ich mich ungestört mir selbst überlassen konnte.
Friedrich NietzscheDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 25. August 1900) Zur Autorenbiographie
Die alten Wohlbekannten alle weg; die damals Jungen, darunter ich, jetzt alt [...] Dahinter der junge Nachschub, bereit, seine Vordermänner bei passender Gelegenheit in schwarze Kisten zu verpacken und ins Suterräng zu bringen. Es geht schnell, wenn man so umschaut.
Wilhelm BuschDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 9. Januar 1908) Zur Autorenbiographie
Wer in seinem Wappen die lächelnde Träne führt, der ist eben hinter das Rätsel alles menschlichen Lebens gekommen [...] Er sieht Menschen kommen und gehen; sieht sie kämpfen um Nichtigkeiten und streben nach Wertlosem; sieht ihrer Liebe zu und ihrem Hass, ihrem Stolz und ihrem Elend, ihrer Lust und ihrer Angst.
Hermann LönsDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 26. September 1914) Zur Autorenbiographie
Heraklit von EphesosDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († um 460 v. Chr.) Zur Autorenbiographie
Und ihr kleiner Fritz ist nicht verloren, er ist nur wie ein Vöglein über die Mauer in einen andern Garten geflogen, und da sollen sie ihn wiederhaben. So gut er auch in ihren Händen war, er ist nun in bessern [...]
Matthias ClaudiusDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († -21.01.1815) Zur Autorenbiographie
In der Tat wird die Demokratie für die schlechteste aller Staatsformen gehalten, mit Ausnahme all der anderen Staatsformen, die zweitweise ausprobiert worden sind.
Bücher sind gute Freunde, denn sie reden nur, wenn wir wollen, und schweigen, wenn wir anderes vorhaben. Sie geben immer und fordern nie. Sie sind die ewig Geduldigen, die Jahre und Jahrzehnte warten können, ohne dass ihre Gedanken bitter, ihre Gefühle kühl werden. Sie altern nicht, sie sind nicht launisch, und sie haben immer Zeit für uns, wenn wir zu ihnen kommen.