Tagsüber darf er keine Schwäche zeigen. Tagsüber muss er sich korrekt verhalten. Tagsüber muss er gepanzert sein. Tagsüber darf er sich kein Gefühl erlauben. Erst am Abend, im Kreis der Freunde, hört man, wie ihm die Steine vom Herzen fallen. Erst nach Mitternacht sagt er ganz leise: "Wenn ich ehrlich bin ..."
Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden, wie ein Fest. Und lass' dir jeden Tag geschehen, so wie ein Kind im Weitergehen, von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt. Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt dem Kind nicht in den Sinn. Es löst sie leise aus den Haaren, drin sie so gern gefangen waren, und hält den lieben jungen Jahren nach neuen seine Hände hin.
Rainer Maria RilkeDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 29. Dezember 1926) Zur Autorenbiographie
Es ist schön, dass es dem Menschen so schwer wird, sich vom Tode dessen, was er liebt, zu überzeugen. Und es ist wohl keiner noch zu seines Freundes Grabe gegangen, ohne die leise Hoffnung, da dem Freunde wirklich zu begenen.
Friedrich HölderlinDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 7. Juni 1843) Zur Autorenbiographie
Sieh, wie alles so still ist drüben in der Unendlichkeit, wie leise ziehen die Welten, wie still schimmern die Sonnen. Der große Ewige ruhet wie eine Quelle mit seiner überfließenden unendlichen Liebe mitten unter ihnen und erquickt und beruhigt alles; und um Gott steht kein Grab.
Jean PaulDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 14. November 1825) Zur Autorenbiographie
Gedanken am Abend fallen nieder wie leiser Schnee. Und erst, wenn die letzte Flocke auf dem Gemüt liegt, stinkt das Bewusstsein hinab in den Traum. Was aber macht denn den Unterschied, der die Gedanken, wie ein frischer Wind aufwirbelt und neu zusammen bringt?
Platon sah, wie Diogenes von Sinope seinen Kohl an einem Brunnen spülte, trat an ihn heran und flüsterte: Hättest du den Tyrannen Dionysios ein bisschen hofiert, dann bräuchtest du jetzt keinen Kohl zu waschen." Diogenes antwortete ebenso leise: "Und wenn du es über dich gebracht hättest, Kohl zu spülen, hättest du keinen Dionysios hofieren müssen."
Diogenes von SinopeDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 323 v. Chr.) Zur Autorenbiographie