Es blitzt ein Tropfen Morgentau im Strahl des Sonnenlichts; ein Tag kann eine Perle sein und ein Jahrhundert nichts.
Gottfried KellerDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 15. Juli 1890) Zur Autorenbiographie
Ein neues Jahr nimmt seinen Lauf. Die junge Sonne steigt herauf. Bald schmilzt der Schnee, bald taut das Eis. Bald schwillt die Knospe schon am Reis. Und ob wir nicht bis morgen schaun, Wir wollen hoffen und vertraun.
Ihr ungezählten Grashalme, ihr Sandkörner am Ufer der See, ihr Tautropfen in der Morgensonne: Mögen die Segenswünsche des Königs der Gnade auf allen ruhen, die vorübergehen, die einst waren, die jetzt sind, und demnächst sein werden. Möge der Segen über jeden kommen, in dessen Gesicht ich sehe.
Du freust dich noch immer und bist glücklich, weil die Sonne für ein paar Sekunden in deinem Leben geschienen hat, ein warmer Strom durch deinen Körper geflossen ist, du oft angelächelt wurdest, beruhigende Worte dich getröstet haben?
Weißt du denn immer noch nicht, dass morgen das alles zerbrochen ist und kaputt, weil das Leben mit berechneten Taten all das zurücknimmt, was es gegeben hat, kaputt macht, was es aufgebaut hat, zertritt, was es als Geschenk gereicht hat?
Alle neuen, großartigen Ideen üben dieselbe Wirkung aus, es sind die Sonnenaufgänge der Geschichte. Die Mittagssonne begeistert nicht, nur die Morgensonne.
Der Morgen begrüße dich voll Sonne. Der Mittag möge dich so freundlich stimmen, dass du am Abend zufrieden auf dein Tagwerk zurückblicken kannst. Die laue Nacht aber möge dich mit erquickendem Schlaf beschenken.
Auf dem Hühnerhof war der Hahn erkrankt. Niemand konnte mehr damit rechnen, er werde auch am nächsten Morgen noch krähen. Abschied war angesagt. Die Hennen machten sich Sorgen – sie waren felsenfest überzeugt, die Sonne gehe nur auf, weil der Meister sie rufe. Der nächste Morgen aber belehrte sie eines Besseren: Die Sonne ging auf wie jeden Tag; nichts hatte ihren Gang beeinflusst.
Verändere deinen Blick auf die Dinge. Das zunehmende Licht erhellt nicht nur die Landschaft. Es steigt auch in dir selbst auf, aus den Tiefen deines Geistes. Werde dir der Macht bewusst, die dir gegeben ist, früh am Morgen, im Angesicht der aufgehenden Sonne.
Zwei junge Frösche, grün und blass, die fielen in ein Sahnefass. Der eine gab das Strampeln auf und endete den Lebenslauf. Der andere aber – unverdrossen, bewegte munter seine Flossen; so schlug zu Butter er den Rahm und als der nächste Morgen kam da guckt er fröhlich aus der Tonne und lacht in die Morgensonne. – Drum merk dir für den Lebenslauf: “Gib nie Geduld noch Hoffnung auf”
Ein junger Mensch kam zu einem Weisen und sprach: "Was kann ich tun, um die Welt zu retten?" Darauf der Weise: "Soviel, wie du dazu beitragen kannst, dass morgens die Sonne aufgeht."