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Als ein Schüler anmahnte, die geistliche Lehre des Meisters müsse auf den heutigen Stand gebracht werden, lachte der Meister laut auf. Dann erzählte er die Geschichte von einem Studenten, der sich in einer Buchhandlung beschwerte:
“Haben Sie keine neueren Bücher über Anatomie? Diese hier sind doch mindestens zehn Jahre alt.”
Sagte der Buchhändler: “In den letzten zehn Jahren kamen zum menschlichen Skelett keine neuen Knochen hinzu, mein Lieber.”
Und der der Meister ergänzte: “Ebensowenig gab es irgendeinen Zusatz zu der Natur des Menschen in den letzten zehntausend Jahren.”
Sobald Wörter und Gedanken zum Schweigen gebracht sind, erblüht das Universum fort - wirklich, ganz und eins -, und Wörter werden das, was sie immer bedeuten sollten: die Partitur, nicht die Musik, das Menü, nicht das Essen, der Wegweiser, nicht das Reiseziel.
Die Welt, die Du siehst, ist nicht das Königreich, das Kinder schauen, sondern eine zerstückelte Welt, die durch Wörter in Tausende einzelner Teile zerlegt ist... Es ist, als sehe man jede Meereswelle einzeln und abgesondert vom Ozean.
"Ich sehne mich nach einem festen Grund, einem sicheren Fundament für mein Leben.”
“Sieh es doch so an”, sagte der Meister. “Was ist der feste Grund für den Zugvogel, der Kontinente überquert? Was ist das sichere Fundament für den Fisch, der vom Fluß in das Meer getragen wird?”
Als der Meister gefragt wurde, was er an seinen Schülern tue, sagte er: “Dasselbe, was ein Bildhauer an einer Meerjungfrauenskulptur tut: Er nimmt einen Marmorblock und schlägt alles ab, was nicht wie eine Meerjungfrau aussieht.”
Als seine Schüler später wissen wollten, was er damit genau meinte, sagte der Meister: “Meine Aufgabe ist, alles wegzumeißeln, was nicht Du bist: jedes Denken, Empfinden, jedes Verhalten, jede Gewohnheit, jeden Zwang, der Dir aus Deiner Bildung und Vergangenheit anhaftet.”
Was muss man tun, um erleuchtet zu werden?” fragten die Schüler. Der Meister antwortete: “Ihr müsst herausfinden, was das ist:
Es fällt ins Wasser und schlägt keine Wellen, huscht durch die Zweige und gibt keinen Laut, betritt Wiese und Feld und berührt keinen Halm.”
Nach wochenlangem, fruchtlosem Überlegen fragten die Schüler: “Was ist das für ein Ding?” “Ding”, sagte der Meister, “es ist keineswegs ein Ding.” “Dann ist es nichts?” “Man könnte es so sagen.” “Wie sollen wir dann danach suchen?”
“Sagte ich, dass ihr danach suchen sollt? Es lässt sich finden, kann aber niemals gesucht werden. Sucht und ihr werdet fehlgehen.”
Die Fische eines Flusses sprachen zueinander: "Es gibt Leute, die sagen, unser Leben hänge vom Wasser ab. Aber was ist Wasser? Wir haben niemals Wasser gesehen."
Da sprachen einige, die klüger waren als die anderen: "Wir haben gehört, im Meer draußen lebe ein Fisch, der alle Dinge weiß. Wir wollen zu ihm gehen und ihn bitten, uns das Wasser zu zeigen."
Da machten sich einige auf und suchten das Meer. Sie fanden endlich auch den Fisch und erzählten ihm, dass sie das Wasser suchten.
Der alte Fisch hörte sie an und sagte: "Wie soll ich Euch das Wasser zeigen? Ihr bewegt Euch darin. Ihr lebt darin. Aus dem Wasser kommt ihr, im Wasser endet Euer Leben. Ihr lebt im Wasser und wisst es nicht. Alles, was Euch umgibt, ist Wasser."
Wenn wir auf der Suche sind nach Gott, so hören wir: Alles ist Gott. Alles Leid ist Gott und alles Glück. Alles Schicksal ist Gott, und alle Mühe, es zu bestehen, ist auch Gott.
Nichts ist, das nicht in Gott wäre. Was auch könnte bestehen außer in Gott?
Zu einer Gruppe von Sozialaktivisten, die seinen Segen zu einem Plan wünschten, den sie nun in die Tat umsetzen wollten, sagte der Meister:
“Was Ihr braucht, fürchte ich, ist Licht und nicht Aktion.”
Danach erklärte er: “Das Böse durch Aktivität zu bekämpfen ist wie gegen die Dunkelheit mit beiden Händen anzugehen. Was Ihr also braucht, ist Licht, nicht Kampf.”
Der Meister hob hervor, dass die Welt, wie sie die meisten Leute sehen, nicht die Welt der Wirklichkeit ist, sondern eine Welt, die ihr Kopf hervorgebracht hat.
Als ein Schüler das in Frage stellen wollte, nahm der Meister drei Stöcke und legte sie in Form eines F auf den Boden. Dann fragte er den Schüler: “Was siehst Du hier?” “Den Buchstaben F”, antwortete der. “Genauso habe ich es mir vorgestellt”, sagte der Meister. “Es gibt von sich aus keinen Buchstaben F ; das F ist die Bedeutung, die Du ihm gibst. Was Du vor Dir sieht, sind drei abgebrochene Äste in Form von Stöcken.”
Die Zeit erscheint Dir immer sehr lang, wenn Du wartest – auf Ferien, auf eine Prüfung, auf etwas, wonach Du Dich sehnst oder wovor Du in der Zukunft Angst hast.
Doch denen, die es wagen, sich der Erfahrung des gegenwärtigen Augenblicks auszusetzen – mit keinem Gedanken an die Erfahrung, keinem Verlangen, dass sie wiederkehre oder Dich verschone – wird die Zeit zum Erstrahlen der Ewigkeit.
Ein verzweifelter Schüler beklagte sich wegen seiner Behinderungen, dass er vom Leben betrogen worden sei. “Betrogen?”, rief der Meister aus, “betrogen? Schau um Dich, Mensch! Mit jedem Augenblick Bewusstsein bist Du reichlich überbezahlt!”
Eine religiöse Überzeugung”, sagte der Meister, “ist keine Aussage über die Wirklichkeit, sondern nur ein Hinweis, ein Fingerzeig auf etwas, das ein Geheimnis darstellt und jenseits des dem menschlichen Verstand Zugänglichen liegt. Kurz gesagt, eine religiöse Überzeugung ist nur ein Finger, der auf den Mond zeigt.
Manche Leute kommen über das Studium des Fingers nicht hinaus. Andere sind damit beschäftigt, an ihm zu lutschen. Wieder andere gebrauchen den Finger, um sich damit die Augen zuzudrücken. Das sind die frommen Eiferer, die die Religion blind gemacht hat.
Tatsächlich sind diejenigen selten, die den Finger weit genug von sich halten, um zu sehen, worauf er hinweist - es sind jene, die der Blasphemie bezichtigt werden, weil sie über Glaubensüberzeugungen hinausgegangen sind.”
Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig. Jede glänzende Kiefernnadel, jeder lichte Nebel in dunklen Wäldern, jede Lichtung und jedes summende Insekt ist heilig in der Erinnerung und der Erfahrung meines Volkes.
Seattle, Häuptling der DuwamishDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist
Die Weißen scheinen die Luft, die sie atmen, nicht wahrzunehmen. Wie ein Mensch, der seit vielen Tagen im Sterben liegt, sind sie abgestumpft gegen den Gestank.
Seattle, Häuptling der DuwamishDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist