Wer sich für die Verwendungen dieses Spruches zu unterschiedlichen Zeiten interessiert, die von einem juristischen Grundsatz der Antike bis zu einem zynischen Propagandaspruch an Konzentrationslagern reichen, findet hier einige Hintergründe.
Der Spruch ist wohl einiges der wenigen Dinge, die von den Nazis gebraucht wurden, ohne dadurch (wie die Swastika, der Begriff Euthanasie, etliche Runen oder der Gruß "Heil") einen Bedeutungswandel zu erfahren.
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Hope is the biggest lie there is, and it is the best.
We have to keep going as if it all mattered, or else we wouldn't keep going at all.
Allie Keys in "Taken"
Ich glaube, der Spruch "Jedem das Seine" hat durchaus einen Bedeutungswandel erfahren (vorher: Gerechtigkeit; "jedem das, was zu ihm gehört/zu ihm passt". heute: "jedem das, was er verdient") und wird sofort im nationalsozialistischen Kontext gesehen.
Und verwenden darf man den Ausspruch ja offensichtlich auch nicht mehr, ohnedassjemandmeckert...
uff... das hätte ich nicht gedacht. In meinem Kopf steht der Spruch eher in einer Reihe mit "Chacun à son goût." oder "Jeder soll nach seiner Fasson selig werden". Ich verbinde den Spruch wirklich mehr mit einer positiven Bedeutung, auch wenn ich andere Verwendungen natürlich kenne. Ich bin mir dessen bewusst, dass er auch in anderem Kontext gebraucht wurde, und würde ihn deshalb nicht unbedingt für Werbekampagnen nutzen, aber die Reaktionen sind ja ganz schön heftig.
Ich denke: Neonazis tragen teilweise Pali-Tücher und haben eine Menge Symbole aus der linken Szene übernommen. Die NPD nutzt gerne auch Ökologie oder Sozialpolitik, um die Massen zu werben. Und die ganze Szene, die Germanisches oder Nordisches romantisiert (wie in Mittelaltermärkten), hat automatisch eine gewisse Überschneidung mit den Ästhetikvorstellungen von irgendwelchen Nazis und bekommt auch zwischen den normalen Mittelalter-Fans immer ein paar ganz spezielle Gäste.
Ich halte aber nichts davon, diese Dinge deshalb partout zu meiden.
Ich finde es gut, wenn wir eine ordentliche Sensibilität für Symbolik, Wortwahl und (vor allem) Gedankengut des Dritten Reiches und der heutigen Rechtsextremen haben. Aber wenn wir alles, was einem Nazi mal gefallen hat oder im rechtsextremen Kontext verwendet wurde, ab sofort nur noch in dieser Bedeutung wahrnehmen und aus unserem Leben ausmerzen, dann überlassen wir solchen auch einfach die Deutungshoheit.
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Allie Keys in "Taken"
Genau das ist der Punkt. "Die Nazis" haben unsere Sprache nachhaltig beinflusst/beschnitten, und wir lassen das mit uns machen, weil sie die Deutungshoheit haben: Sie haben die Sprüche (Symbole/Farben/Formen/Lieder) verbrannt und wir lassen uns das gefallen und wagen es nicht mehr, diese Worte in den Mund zu nehmen, weil sofort einer ganz laut "Nazi" schreit...
Naja, was heißt, "wir lassen das mit uns machen" - die meisten versuchen, umstrittene Ausdrucksformen von vornherein zu umgehen, weil sie ich auf keinen Fall mit einem gewissen politischen Spektrum solidarisieren wollen oder auf den Gefühlen von Betroffenen herumtrampeln wollen. Das ist kein völlig falscher Gedanke.
Das Buchenwaldlied mag für jemanden, der den Hintergrund nicht kennt, nach irgendeinem traurig-hoffnungsfrohen Lied klingen. In fröhlicher Runde die Klampfe zu zücken und es am Lagerfeuer zu singen zeugt trotzdem von einem guten Ausmaß an Geschmacklosigkeit.
Das Wort "Neger" heißt "schwarz", das Wort "Kanake" heißt "Mensch" - wer ein bisschen Verstand besitzt, weiß aber, dass Worte sich nicht nur durch ihre Etymologie, sondern vor allem durch ihre Konnotation auszeichnen und dementsprechend trotzdem verletzen können.
Es spielt durchaus eine Rolle, von wem ein Wort mehrheitlich verwendet wird, was er damit meint und was die Mehrheit der Menschen damit verbindet. Die Sensibilität dafür ist aus meiner Sicht völlig richtig und angemessen.
Ich denke, wir sollten nur nicht vergessen, dass nicht alles, was ungeschickt ausgedrückt ist, mit rechtsextremer Intention geschrieben wurde. So wie andersrum nicht alles, was inhaltlich radikal und unmenschlich ist, in einem sprachlichen Gewand daher kommt, das man auf zwanzig Kilometer zuordnen kann.
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Allie Keys in "Taken"
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Es gibt Tage, da liege ich nachts wach im Bett und frage mich, ob sich die Gesellschaft durch meine kritische Meinungen von mir entfernt oder ob sich die Gesellschaft von mir entfernt und ich aus diesem Grund meine Meinung Preis gebe. Egal wie ich es betrachte, es ist auf jeden Fall ein Dilemma.
Hans-Joachim SchmidtNichtkommerzielle Verwendung des Spruches mit Autorenangabe ausdrücklich erlaubt
We all change. When you think about it, we are all different people all through our lives. And that's okay, that's good, you gotta keep moving, so long as you remember all the people that you used to be.
Es ist nicht nur interessant, sondern sogar notwendig, sich die Vergangenheit, die Jahre der Kindheit insbesondere, so treu wie möglich vor Augen zu stellen, da wir nie zu einem klaren Urteil über uns selbst kommen können, wenn wir nicht die Verhältnisse, in denen wir erzogen sind, genau betrachten und ihre Einflüsse auf uns abmessen.
Friedrich NietzscheDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 25. August 1900) Zur Autorenbiographie
Wenn Zeit Geld wäre, müsste Geld auch Zeit sein. Da aber liegt der Denkfehler. Denn noch nie hat sich einer, und wenn er sich noch so viel Geld erschuftet hat, am Ende des Lebens dafür Zeit kaufen können.
Was nützen die besten Konzepte und clevere Logistik, wenn die Lastkraftwagen in Staus stecken bleiben? Wenn die Transportsysteme Straße, Schiene und Wasser konkurrieren, anstatt zu kooperieren?
Schnell wachsende Keime welken geschwinde; zu lange Bäume brechen im Winde. Schätz nach der Länge nicht das Entsprungene; fest im Gedränge steht das Gedrungene
Wilhelm BuschDer Spruch darf mit Autorenangabe frei verwendet werden, da die urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist († 9. Januar 1908) Zur Autorenbiographie